Fokus und Konzentration: 90 Minuten hellwach
- Carsten Rollik

- 3. Juli
- 3 Min. Lesezeit
Ein Moment der Unaufmerksamkeit – und schon klingelt es im Kasten. Auf höchstem Niveau entscheiden Kleinigkeiten. Konzentration über die gesamte Spielzeit ist daher eine Kernqualifikation für erfolgreiche Spieler. Doch jeder weiß, wie schwer es ist, den Fokus 90 Minuten lang hochzuhalten. Müdigkeit, Spielunterbrechungen, Gedanken an die Tabellenlage oder an den verpassten Großchancen – all das kann dich aus der Spur bringen. Wie schaffst du es also, mental dranzubleiben?
Erstens: Trainiere deine Konzentration gezielt. So wie du Muskeln trainierst, kannst du auch deinem Gehirn beibringen, länger fokussiert zu bleiben. Im Training kann man das wunderbar einbauen. Zum Beispiel mit Übungen, die Technik und geistige Aufmerksamkeit kombinieren. Ein einfaches Beispiel: Rondo (Ballhalten) mit zusätzlichen Ansagen – während des Passspiels ruft der Trainer Zahlen oder Farben, und die Spieler müssen etwa die Summe bilden oder auf farbige Hütchen achten. Solche Dinge zwingen dich, mit dem Kopf voll dabei zu sein. Oder kleine Konzentrationsspiele am Ende einer anstrengenden Einheit, z.B. Koordinationsleiter und sofort anschließend ein Memory oder schnelles Reaktionstest-Spiel. Diese Mischung aus körperlicher Ermüdung und mentaler Aufgabe erhöht deine Fähigkeit, auch müde noch klar zu denken. Je öfter du sowas machst, desto mehr gewöhnst du dein Gehirn an Dauerfokus.
Zweitens: Segmentiere das Spiel in deinem Kopf. 90 Minuten volle Konzentration klingen überwältigend. Teile es auf: Konzentriere dich immer von Pfiff zu Pfiff, von Aktion zu Aktion. Viele Profi-Torhüter nutzen z.B. die Regel: Immer wenn der Ball aus dem Spiel ist, atme ich tief durch und reset, wenn der Ball wieder im Spiel ist, bin ich 100% da. Du könntest dir vornehmen: “Ich bleibe bis zur nächsten Spielunterbrechung voll fokussiert.” Das sind meist nur ein paar Minuten. In der Unterbrechung kurz locker lassen – einmal Blick ins Publikum oder kurzes Ausatmen – und dann Next Round. So hangelst du dich von Phase zu Phase, statt gedanklich 90 Minuten am Stück stemmen zu müssen.
Drittens: Innere Checkliste für kritische Momente. Gewisse Situationen erfordern besondere Wachsamkeit: kurz nach eigenem Tor (bloß nicht direkt einen fangen), kurz nach Gegentor (nicht frustriert weiterschlafen), in den letzten 5 Minuten usw. Mache dir diese Momente bewusst. Du kannst dir z.B. vornehmen: “Bei eigenem Torjubel konzentriere ich mich nach 10 Sekunden wieder und erinnere alle: weiter, nichts anbrennen lassen.” Oder wenn ihr knapp führt, sag dir: “Jetzt bloß nicht ballwatching – konzentriert verteidigen bis zum Schlusspfiff.” Indem du dir solche Dinge vorher klarmachst, setzt du Triggerpunkte in deinem Kopf, die im Spiel dann alarmieren: Achtung, Fokus hoch!.
Ablenkungen ausblenden: Im Stadion kann vieles stören – gegnerische Fans, Provokationen auf dem Feld, persönliche Emotionen. Trainiere, unwichtige Reize auszublenden. Stell dir vor, du hast Scheuklappen, die alles außer Ball, Mit- und Gegenspielern ausblenden. Ein praktischer Trick: Fixiere in kritischen Phasen den Ball oder den Hüftbereich deines direkten Gegenspielers und lass deinen Blick gar nicht woanders hingehen. So zwingst du dich, bei der Sache zu bleiben. Bei gegnerischen Freistößen z.B. statt aufs Drumherum zu schauen, fokussiere den Ball und deine Zuständigkeit.
Gedankenhygiene: Es ist normal, dass mal Gedanken abschweifen (“Was, wenn wir heute verlieren, dann sind wir Letzter…”). Merke, wenn das passiert, und schiebe solche Gedanken aktiv beiseite: “Nicht jetzt.” Manche Profis haben gelernt, solche Störungen in eine imaginäre Box zu packen, die sie später öffnen (nach dem Spiel). Du kannst dir selber sagen: “Nach dem Schlusspfiff denke ich darüber nach, jetzt zählt nur dieser Moment.” Es erfordert Disziplin, aber mit der Zeit klappt es immer besser.
Auch Kommunikation kann dir helfen, wach zu bleiben. Ein Spieler, der viel spricht (“Schieb rüber!”, “Ich hab!”, “Komm, weiter, weiter!”), hält sich und andere wach. Wenn du merkst, dass die Konzentration im Team nachlässt, sei derjenige, der lautstark alle wieder einschwört. Das belebt auch dich selbst.
Nicht zuletzt: Konzentration in der Pause halten. Die Halbzeit ist so ein Knackpunkt – man ruht sich aus, Gedanken schweifen vielleicht in die Kabine (oder zu Insta-Fotos vom Spiel). Versuche, in der Pause zwar körperlich zu entspannen, aber mental nicht komplett abzuschalten. Geh im Kopf kurz durch, was gut lief, was nicht, und was dein Fokus für Hälfte zwei sein soll (“okay, rechter Flügel ist gefährlich, da muss ich besonders aufpassen”). So kommst du wacher wieder raus. Viele Mannschaften verpennen die ersten 5 Minuten nach Pause – sei du nicht einer davon.
Fazit: Fokus und Konzentration machen im Fußball oft den Unterschied zwischen Sieg und Niederlage. Das Gute ist: Du kannst sie wie einen Muskel trainieren und mit Tricks verstärken. Bleib im Hier und Jetzt, teile das Spiel in Häppchen auf und lass dich nicht von unwichtigen Dingen ablenken. Dann wirst du der Spieler sein, der auch in der 89. Minute noch hellwach ist – bereit, den entscheidenden Pass zu spielen oder das entscheidende Tackling zu setzen. Bleib bei der Sache – die Sache lohnt sich.



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