Umgang mit Druck: Cool bleiben an der Seitenlinie
- info600253
- 3. Juli
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Flutlichtspiel, 90. Minute, der entscheidende Elfmeter gegen dein Team – als Coach spürst du den Druck vielleicht fast stärker als die Spieler. Druck gehört im Fußball dazu, für Trainer*innen wie für Spieler. Wichtig ist, wie du damit umgehst. Nach außen mag es oft glänzen, doch innen sieht es anders aus: Rund ein Drittel aller Profifußballer leiden unter psychischem Stress. Trainer stehen dem in nichts nach – permanent beobachtet und bewertet von Fans, Medien, Verein. Kein Wunder, dass selbst gestandene Profis mal wackeln: Ex-Nationalspielerin Carolin Simon berichtete von ständigem Vergleich und kaum Momenten zum Durchatmen. Dieses Gefühl kennst du sicher auch.
Wichtig ist zu erkennen: Druck ist keine Schwäche, er ist menschlich. Entscheidend ist, rechtzeitig auf dich zu achten, bevor Körper und Geist schlapp machen. Die frühere Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg etwa hielt nach einem enttäuschenden Turnier lange tapfer durch – bis es nicht mehr ging. „Ich war leer, kaputt, müde… hatte keine Kraft mehr,“ beschrieb sie ihren Zusammenbruch nach der WM 2023. Ihr wurde klar: Irgendwann fordert unterdrückter Stress seinen Tribut. Lass es gar nicht so weit kommen. Hole dir Unterstützung, sprich über den Druck, statt alles allein auszuhalten. Viele Trainer zögern aus Angst, Schwäche zuzugeben. Doch inzwischen ist klar: Psychologische Hilfe wird im Profibereich nicht als Makel gesehen, sondern ausdrücklich begrüßt. Wenn sogar Spieler wie Robin Gosens offen mit Sportpsychologen arbeiten, darfst du das als Coach erst recht.
Was kannst du akut tun, um unter Druck ruhig zu bleiben? Fokussiere dich auf das Beeinflussbare. Ja, das Spiel tobt und tausend Dinge passieren – aber du lenkst deinen Fokus am besten auf das, was du steuern kannst: Taktische Anpassungen, Auswechslungen, motivierende Zurufe. Alles andere – Schiri-Entscheidungen, Wetter, Publikum – liegt außerhalb deiner Kontrolle und raubt dir nur Energie. Entwickle persönliche Routinen gegen Stress. Zum Beispiel: Atme bei brenzligen Situationen bewusst tief durch (4 Sekunden ein, 6 aus). Das senkt den Puls und verschafft dir einen klaren Kopf. Manche Trainer schreiten auch ein paar Meter an der Linie entlang oder trinken einen Schluck Wasser, um sich zu sammeln. Finde heraus, was dich erdet.
Außerdem hilfreich: Perspektivwechsel. Frag dich: Was ist das Worst-Case-Szenario wirklich? Oft malen wir uns in Drucksituationen die schlimmsten Konsequenzen aus (Jobverlust, Abstiegsdrama etc.). Aber selbst wenn ein Spiel verloren geht – meist geht die Welt nicht unter. Mach dir bewusst, warum du diesen Job liebst: deine Leidenschaft für den Fußball, die Chance, Spieler zu entwickeln. Dieses “Warum” hilft, den Kopf über Wasser zu halten, wenn die Wellen des Drucks hochschlagen.
Und zuletzt: Pflege dein eigenes Wohlbefinden. Ausreichender Schlaf, etwas Abstand vom Fußball am freien Tag, Unterstützung durch Familie oder Freunde – das sind keine Luxusgüter, sondern nötig, um langfristig belastbar zu bleiben. Ein ausgelaugter Coach hilft niemandem. Habe also den Mut, auch mal Nein zu sagen und dir Pausen zu gönnen.
Fazit: Druck im Trainerjob ist unvermeidlich, aber du bist ihm nicht hilflos ausgeliefert. Mit bewusster Selbstfürsorge, Fokus auf Kontrollierbares und der Bereitschaft, Hilfe anzunehmen, bleibst du handlungsfähig und gelassen – auch wenn um dich herum das Stadion bebt. Deine innere Ruhe überträgt sich aufs Team. Ein kühler Kopf an der Seitenlinie kann der entscheidende Vorteil in hitzigen Spielen sein.
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